Minimalismus - mit wenig Gepäck ist man leichter.
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Minimalismus - mit wenig Gepäck ist man leichter.

Hast du schon mal etwas von der Silent To-Do-List gehört? Ich verspreche dir, du hast eine!



Ein Buch über Minimalismus, was ich von meinem Mann hatte, brachte mich dazu meinen Kleiderschrank auszusortieren. Ich stellte eine handvoll Kleidungsstücke ins Internet, nachdem ich bereits einige Tage zuvor einen riesen Berg ungetragener Kleidung, der noch bei meinen Eltern lungerte, inseriert hatte.

Ich ging auch meine Küche durch und stellte fest, dass da eine Tasse im Schrank war, die ich nicht leiden konnte. Ich bildete mir aber immer ein, dass sie größer war als alle anderen Tassen und somit perfekt für Tee. Meinen Glauben widerlegte ich, nachdem ich einfach mal gemessen hatte, wie viel in diese Tasse passt und wie viel in andere "kleinere" Tassen. Und wer hätte es gedacht, beide Tassen hatten ein Fassungsvermögen von 300ml, sodass ich diese grässliche Tasse entsorgte. Und so ging ich an einem Freitagabend alle Schränke, Ablagen und Stauräume unserer Wohnung durch bis ich eine Tüte Altkleider, mehrere Tüten Müll und drei Tüten mit allem möglichen Kram hatte, die ein Second-Hand Laden, der von Spenden lebt und nur für Bedürftige ist, gerne annahm.

Im Laufe der nächsten Tage ging ich immer wieder Ecken und Schränke durch und immer mehr Zeug flog raus.

Schachteln und Schleifen von Designer Verpackungen, die teilweise als Beweis für die Echtheit stehen sollen, teilweise aber auch den teuren Preis rechtfertigen sollten, konnten weg. Insgesamt 4 Turnbeutel, die seit 2021 in der Schublade lagen weil "man sie irgendwann gebrauchen" kann, verschenkte ich an Leute, die wirklich etwas damit anfangen konnten. Knallbunte Lidschatten, zu dunkle oder helle Foundation, die ich mit maximaler Sommerbräune oder Winterblässe tragen konnte und viele weitere Dinge, die nur eine Belastung sind, weil jedes Mal, wenn ich einen der Lidschatten benutze, die ich gerne habe, mir denke "jetzt hast du den Giftgrünen wieder nicht benutzt".


In dem Buch "Das kann doch weg" geht es um einen minimalistischen Lebensstil. Der Autor spricht darüber, wie sehr uns s.g. "stille To-Do-Liste" belasten. Dabei geht es um Dinge, die wir besitzen und nicht benutzen. Wir haben ein schlechtes Gewissen, wenn wir sie sehen, können uns aber trotzdem nicht oder nur selten aufraffen, sie auch zu verwenden. So geht es mir mit den vielen bunten Lidschatten, die nie verwendet werden. Bei anderen trifft das vielleicht auf das ganze Trainingsequipment zu, welches seit Monaten unbenutzt in der Ecke steht. Es sind Dinge, die ständig nach uns rufen und unterbewusst Druck und Unzufriedenheit erzeugen. Ziel, wenn man es so nennen kann, von Minimalismus ist ein ruhigeres und stressfreies Leben, denn mit wenig Gepäck ist man leichter.


Er macht außerdem deutlich, wie viel Zeit uns die Dinge, die wir besitzen, kosten. Den viele Dinge müssen gepflegt werdender zumindest geputzt und aufgeräumt. Es geht auch um Geld, welches man sich spart, wenn man bewusster einkauft aber das ist mehr oder weniger nebensächlich. Im Vordergrund steht vor allem, weniger zu besitzen. Man soll aber auch nicht wahllos oder zwanghaft Dinge aussortieren, die man gerne hat oder braucht.

Das Buch bringt das Thema Minimalismus sehr nahe, auch wenn man vorher noch keine Berührungen damit hatte und ist dabei aber für jeden geeignet, da es von den einfachsten Schritten, wie dem Entsorgen von Müll, bis hin zu absoluten "Minimalismus-Profis" jeden anspricht. Zugegeben, ich stimme nicht allen Punkten im Buch zu, jedoch gibt es kein Richtig oder Falsch im Bezug auf Minimalismus.


Im Laufe der nächsten Tage nachdem ich das Buch beendet hatte, merkte ich, wie es mir immer leichter viel, Dinge loszulassen. Ich konnte mir auch immer schneller eingestehen, was ich wirklich brauchte und welche Dinge schon seit Jahren mit mir wandern aber nie benutzt werden. So flogen wohl oder übel nach 8 Jahren 2 Kuchenschablonen raus, die meine Mutter mir mit 16 gekauft hatte. Sie waren nicht teuer und nahmen auch nicht viel Platz weg, jedoch kamen sie einfach nie zum Einsatz und ich merkte, wie mich das schlechte Gewissen überkam, als ich sie sah. Ich könnte jedem einfachen Rührkuchen mit einer dieser Schablonen ein hübsches Muster verpassen. Aber ich tat es nicht. Und ich werde es auch nie tun. Daher entsorgte ich die beiden Teile in dem Gedanken gelernt zu haben, dass ich so etwas nicht brauche. Und ich bin meiner Mama immer noch dankbar, dass sie damals an mich gedacht hat und mir diese Freude gemacht hat.


Meine größte Herausforderung war eine große Plastikbox voll mit Erinnerungen. Von der Weiterführenden bis zu meinem Junggesellenabschied, Plänen und Goodies unserer Hochzeitsvorbereitungen, der Ausbildung, Fotos und Souvenirs aus allen möglichen Urlauben, Schullandheimen und Abschlussfahrten war alles, was mich an einen besonderen Tag oder ein besonderes Ereignis erinnert in dieser Box.

Das Buch geht auch auf solche Dinge ein: man soll alle Erinnerungsstücke fotografieren und auf diese Weise sichern, da Fotos von Gegenständen in uns den gleichen Effekt auslösen wie der Gegenstand selber. Mit diesem Gedanken gehe ich nicht ganz mit, daher habe ich mich in erster Linie darauf fokussiert das auszusortieren, was offensichtlich weg kann: Bilder die doppelt und dreifach ausgedruckt wurden, Schlüsselanhänger und Schutzengel die einfach nur noch eklig aussahen, CD's, die noch nie einen Player von innen gesehen haben oder Gläser, die ich nach Verkosten oder Veranstaltungen als Andenken mitnehmen durfte, die aber nie wieder benutzt wurden. Das ist alles Zeug, was mir Platz wegnimmt und es kostet mich nerven wenn ich daran denke, wie viel Zeit es kostet, wenn ich diese Sachen mal durchgucken will oder putzen möchte.


Ich verabschiedete mich auch von einem Haufen Dinge, die mir leid taten, dass ich sie nicht benutzt habe oder nicht zu Ende verwendet hab. Ein Haargel, welches ich seit 2017 habe und nicht benutze, weil es einfach furchtbar in der Anwendung ist zum Beispiel. Es tut mir leid etwas wegzuwerfen, was an sich nicht schlecht ist, nur eben ungeeignet für mich. Aber das muss es nicht. Ich habe daraus gelernt, ich bin auch dankbar darüber, dass ich genug Geld zur Verfügung habe, mir morgen ein passendes Produkt zu kaufen und ich sage mir selber, dass ich von nun an bewusster einkaufen möchte.

Mein Schminktisch ist nur noch halb so voll (und er war schon davor nicht gerade üppig bestückt) aber es ist so viel einfacher ihn sauber zu machen, weil ich nur noch die Hälfte an Dingen anheben muss, wenn ich die Glasplatte abwischen oder das kleine Regal abstauben möchte.


Die Küche ist tatsächlich noch einer der aufgeräumtesten Orte, da ich die Aufteilung unserer Küchenschränke so unpraktisch finde und ständig nach neuem Stauraum für die notwendigsten Dinge suche. Wir kaufen selten auf Vorrat ein, weil mir dazu der nötige Stauraum fehlt. Der Raum an sich ist zwar riesig, jedoch einfach unpraktisch eingerichtet. Und obwohl ich mich wirklich darauf achte, was und wie viel ich kaufe, was in die Küche muss, hatte ich auch hier frisch verpackte Lebensmittel von denen ich mir eingestehen musste, dass ich sie nicht verwende. So gingen verschlossene Gewürze und eine volle ungeöffnete Packung Würfelzucker zu meinen Eltern und ich musste mir eingestehen, dass wir so selten Hot Dogs essen, dass es keinen Sinn macht, noch einmal Röstzwiebeln zu kaufen.

Ich legte mir auch alle angebrochenen Lebensmittel, die uns zwar schmeckten, aber trotzdem irgendwie nicht gegessen werden raus, damit ich sie zeitnah kochen konnte und sie den Platz dann nicht mehr belegten.


Minimalistisch Wohnen

Es wirkt vielleicht so als würden wir total chaotisch und verdreckt wohnen, was wir aber nicht tun. Trotz dessen, dass wir wenig Schränke und Gegenstände in den Zimmern herumstehen haben, findet sich doch überall Ballast, den man nicht braucht bzw. verwendet. Und diese Dinge tun etwas mit und in uns. Wir sind uns dessen nicht benutzt, es ist aber so. Wir haben oft Angst Dinge zu brauchen, die wir nicht haben. Daher sammeln und stapeln wir so viel wie möglich, um für jeden Fall ausgerüstet zu sein. Das ist aber überhaupt nicht notwendig. Das gilt natürlich nicht für alles, denn manche Sachen muss man einfach vorrätig haben, weil sie im Ernstfall direkt gebraucht werden (Erste-Hilfe-Kasten, Feuerlöscher, Medikamente etc.)


Zu Beginn des Herbstes habe ich mir eine große Auswahl an Tee gekauft. Ich wollte ein paar neue Sorten probieren und stellte sie alle schön neben den Wasserkocher. Mein Mann und ich trinken gerne Tee und auch unser Besuch freut sich darüber, dass die Auswahl vielfältig ist. Mir ist vor einigen Tagen jedoch bewusst geworden, dass ich zu Beginn viel mehr Tee getrunken habe, als jetzt. Das lag nicht daran, dass ich keine Lust mehr hatte, sondern dass es mich innerlich irgendwie unruhig gemacht hat die ganzen Schachteln da stehen zu sehen. Ich trank den ganzen Tag Tee, um den Vorrat abzubauen und konnte die leckeren Sorten gar nicht richtig genießen, da ich mir jeden Tag 5 Tasse von gemacht hab bis sie mir zum Hals raushingen. Ich glaube, dass das Beispiel mit dem Tee die eigentliche Erklärung für unsere Konsumgesellschaft ist. Wir wollen gar nicht so viel konsumieren, wie wir tatsächlich tun. Die große Auswahl und Menge zwingt uns aber dazu und wir haben den innerlichen Druck, endlich alles zu verbrauchen, damit wir den Ballast los werden. Nur machen wir ständig den Fehler, dass wir immer neues hinterher kaufen.


Meine Denkweise bezüglich jeglicher Art von Konsum hat sich geändert. Als ich vor meinem Schrank stand und mit meinem Mann über das Buch geredet hab kamen wir ins Gespräch, weshalb Frauen eigentlich nie etwas zum Anziehen haben. Ich erklärte meinem Mann, dass ich nicht unbedingt viel Kleidung besitze, jedoch mag was drin ist und immer gerne trage, was ich sehe. Mein einziges Problem sind Pullover. Ich habe nicht genug Pullover. Eine kurze Bestandsaufnahme hat ergeben, dass die Stückzahl eigentlich gar nicht so gering ist und dann wurde mir klar, dass ich gar nicht zu wenig habe, sondern einfach nicht mag, was drin ist. Ein paar sind zu sportlich, manche Oversize Hoodies sind einfach nicht mehr mein Stil, andere sind total ausgewaschen und dann sind da noch 2 Pullover, die voll teuer waren, mir aber nicht gefallen, ich sie aber auch nicht verkaufen kann, weil kein Mensch 30€ für einen gebrauchten Zara-Pullover zahlt und so weiter. An dieser Stelle war mein Mann ein echt guter Supporter. Er sagte mir, ich soll jetzt alle Pullover rauswerfen, die mir nicht gefallen und mir dann so viele neu kaufen, wie ich für einen gesunden Waschzyklus brauche. Und ich soll dabei nicht sparen und mir Pullover kaufen, die mir gefallen.

Tatsächlich habe ich dann alle, die sich noch verkaufen ließen für 5€ ins Internet gestellt. Nach nicht einmal einer Woche hatte ich ein dreistelliges Paypal Guthaben mit dem ich mir, sobald die Schwangerschaft und Postpartum Zeit einigermaßen vorüber ist, neue Pullover kaufen werde.


Natürlich machte ich mir Gedanken, wie viel das nun alles kosten würde. Wenn ich mir 5 neue Pullover kaufe könnte die Rechnung gut und gerne mal bei 200€ liegen. Mir wurde aber klar, dass das keine Rolle mehr spielen wird. Wenn ich meinen Bestand auf eine gesunde Stückzahl aufstocke, sagen wir ich kaufe noch 8 Pullover, könnte mich das gut 600€ kosten. Natürlich werde ich die nicht alle auf einmal kaufen, denn ich möchte ja welche, von denen ich lange etwas hab und die mir auch gefallen. Dann habe ich aber 600€ ausgegeben und kaufe mir vielleicht die nächsten 4 Jahre keinen einzigen neuen Pullover mehr. Weil ich dann keinen mehr brauche. Ich habe welche, die mir gefallen und es sind genug, dass ich immer einen sauberen im Schrank habe.

Seien wir doch mal ehrlich, wie viel Geld geben wir über das Jahr verteilt an Kleidungsstücken aus, die wir spontan kaufen, wenige Male oder gar nicht tragen und dann für Kleingeld wieder verkaufen oder wegwerfen?

Ich habe jetzt etwa 10 Minuten in meinem Schrank, in meinen Online Kundenkonten und unter dem Begriff "Bestellung" in meinem E-Mail Postfach geguckt. 2023 habe ich, kurz zusammengerechnet, 450€ für Kleidung und Accessoires ausgegeben, ohne jegliche Kinder- oder Umstandsmode. Dabei habe ich nur die Teile, die ich im Ladengeschäft gekauft habe, einbezogen, die ich auf den ersten Blick in meinem Schrank gesehen hab und mich genau an den Preis erinnert habe. Und dabei habe ich 2023 vergleichsweise wenig gekauft. Die Jahre davor waren mit großer Sicherheit viel teurer.


Wenn ich weniger kaufe, kann ich höhere Preise bezahlen. Das klingt im ersten Moment dumm aber es geht hierbei ja nicht darum., Geld zu sparen, sondern darum, weniger zu kaufen. Wenn ich also ein paar Schuhe brauche oder unbedingt möchte, kann ich dafür auch 200€ ausgeben ohne mit der Wimper zu zucken, weil das vielleicht der einzige Kauf in diesem Jahr ist. Versteht ihr was ich meine?

Während der Weihnachtszeit habe ich ein tolles Kosmetikprodukt getestet. Es handelt sich dabei um einen pH-hautneutrale feste Seife, die in Stuttgart hergestellt wird. Tierversuchfrei und vegan, ohne Silikone, Parabene, Sulfate und Mikroplastik, in einer plastikfreien Verpackung und sehr ergiebig. Das Stück kostet 7,99€ , was auf den ersten Blick unglaublich viel erscheint. Es wird zwar versprochen, dass das Stück für 40 Duschen reicht, aber auch das würde bedeutet, dass man 9 bis 10 Stück im Jahr braucht, was wiederum etwa 80€ für Duschschaum wären.

Anders gesehen ist es aber so, dass ich mit diesem Kauf rund 2 Plastikflaschen spare. Außerdem kaufe ich nicht 4 verschiedene Limited Edition der billigen Eigenmarke, die ich dann doch nicht mag oder nicht vertrage. Ich kaufe generell weniger, weil mich bei jedem Einkauf bereits das Duschgel mindestens 8€ kostet und ich dadurch nicht noch 7 Produkte mit in den Korb lege, die ich eigentlich nicht will und nur deswegen kaufe, weil sie mich im Regal gerade angelächelt haben. Vielleicht koset mein Duschbrocken mich 8€ je Stück aber ich spare mir 15€ pro Einkauf, die ich an unnötigen Dingen ausgeben würde, wenn ich durch die Drogerie schlendern würde.


Zugegeben, ich bin etwas vom Thema abgedriftet. Ursprünglich ging es ja darum, weniger zu haben. Ich weiß, dass es auf den ersten Blick erstmal so scheint, als würden wir uns selber "arm" machen, bescheiden oder bedürftig. Es geht bei Minimalismus nicht darum, notwendige Gegenstände zu entsorgen. Ganz im Gegenteil. Es geht darum, sich auf die wirklich wichtigen Dinge zu konzentrieren. Es geht um mehr Zufriedenheit und Ruhe. Es geht um mehr Geld für schöne Dinge, die wir wirklich genießen und es geht um mehr Zeit.


Auch wenn ich nicht alle Ansichten des Autores von Das kann doch weg teile, das Buch ist ein guter Einstieg in ein minimalistischeren Lebensstil.


Auf YouTube habe ich noch ein paar interessante Videos zu diesem Thema gefunden, einige sind auch sehr inspirierend im Bezug auf den ersten Schritt des Ausmistens.


Freiheit statt Konsum von KonfettiLeben

Minimalismus Blog von Su Reiter


XX Valentina

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